Die rechtliche Grundlage – Art. 7 Abs. 3 GG

Der Religionsunterricht und die Neutralität des Staates

Der Religionsunterricht ist in Deutschland ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen. Ein Blick in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland macht dies deutlich. So heißt es in Artikel 7 Absatz 3:

Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen. (1)

Was auf den ersten Blick in unserer Demokratie, die die Trennung von Staat und Kirche kennt, verwundert, ist bei genauerem Hinsehen kein Widerspruch. Doch der Reihe nach: Grundgelegt ist die Ausbildung des Religionsunterrichts bzw. dessen Existenz an staatlichen Schulen im Bildungs- und Erziehungsmandat des Staates, wie es in Art. 7 Absatz 1 beschrieben wird. Die dortige Aussage, dass das gesamte Schulwesen unter Aufsicht des Staates steht, zielt dem Verfassungrechtler Matthias Jestaedt nach „auch und gerade auf die Integration des heranwachsenden Menschen in unsere Gesellschaft mit ihren Anforderungen und Möglichkeiten“. Religionsunterricht befähigt sie unter anderem dazu, ihr Recht auf Religionsfreiheit nach Artikel 4 GG wahrzunehmen.

Dabei hat sich der Staat aus den Erfahrungen totalitärer Regime zur Neutralität in Wahrheits- und Glaubensfragen verpflichtet. Im Gebot der Neutralität und Nichtidentität will der Staat „Heimstatt aller Bürgerinnen und Bürger sein“ und dennoch darf er, will er umfassend bilden, die Fragen nach dem Woher, Wohin und dem letzten Ziel des Menschen nicht ausklammern. Der Staat aber verfügt nur über ein begrenztes Sinnstiftungsangebot, ja er darf im eigentlichen Sinn auch dieses Angebot nicht machen, ohne seine Neutralität zu verletzen. Daher nimmt der Staat die Religionsgemeinschaften in den Dienst und in die Pflicht, um seinem umfassenden Erziehungs- und Bildungsauftrag nachzukommen, der sich auf die Gesamtpersönlichkeit der Kinder und Jugendlichen bezieht und um gemeinwohlförderliche Grundlegungsarbeit zu betreiben, die er selbst nicht leisten kann.

Mit einem Verzicht auf religiöse Bildung und Erziehung  könnte der Staat seinen eignen Bildungs- und Erziehungsauftrag zu einem Teil nicht erfüllen, da er einen zentralen Zusammenhang mit der Persönlichkeitsbildung junger Menschen ausschlösse. Mehr noch: klammert der Staat die religiöse Bildung aus, so liegt damit ein Verstoß gegen die religiöse und weltanschauliche Neutralität des Staates vor, weil damit eine Entscheidung gegen Religion als solches getroffen ist. Somit ist der Religonsunterricht an öffentlichen Schulen auch eine Folge der staatlich gewährten Religionsfreiheit (Art. 4 GG). Er ist Teil seines Bildungsauftrags und ergänzt die übrigen Lehrfächer. Art. 7  Abs. 3 verbindet damit den „Bildungs- und Erziehungsauftrag [des Staates] mit den Erfordernissen staatlicher Neutralität in Religions- und Weltanschauungsfragen.“

(1) Von diesem Artikel sind nur Länder ausgenommen, in denen am 1. Januar 1949, d.h. vor Geltung des Grundgesetzes, eine anderslautende landesrechtliche Rechtsnorm galt. Auf sie trifft die sogenannte Bremer Klausel zu (Art. 141 GG). Derzeit gibt es von Art. 7 Abs. 3 abweichende Regelungen  in den Bundesländern Bremen, Berlin Brandenburg und in Hamburg.

Literatur: